Stuttgart, 29. September 2016 Der Mensch fliegt seit gut 120 Jahren, sein Reisen durch die Luft hat sich aber klimaschädlich und recht laut entwickelt. Der Hybridflieger HY4 beweist, dass es auch sauber und leise geht. Irgendwann einmal. Premiere geglückt: Der Erstflug des weltweit ersten viersitzigen Passagierflugzeugs mit Brennstoffzellen-Technik gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg […]

Stuttgart, 29. September 2016

Der Mensch fliegt seit gut 120 Jahren, sein Reisen durch die Luft hat sich aber klimaschädlich und recht laut entwickelt. Der Hybridflieger HY4 beweist, dass es auch sauber und leise geht. Irgendwann einmal.

Premiere geglückt: Der Erstflug des weltweit ersten viersitzigen Passagierflugzeugs mit Brennstoffzellen-Technik gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zum sauberen und leisen Fliegen. Ganz ohne Kerosin zu benötigen und nur mit einem sanften Brummen glitt das futuristische Hybridflugzeug HY4 heute über das Gelände des Stuttgarter Flughafens. Nach einer knapp zehnminütigen Platzrunde kehrte die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Universität Ulm entwickelte zierliche Maschine sicher zurück.

Was ist das besondere am HY4?

Nach Angaben der DLR-Forscher ist der HY4 das erste viersitzige Passagierflugzeug der Welt, das nur mit Wasserstoffbrennstoffzellen und Batterie angetrieben wird. Der Elektromotor wird im Reiseflug in maximal 5000 Metern Höhe über eine Brennstoffzelle mit Strom versorgt. Beim Start und bei Steigflügen wird eine Hochleistungsbatterie zugeschaltet.

Was kann der HY4?

Der Forschungsflieger mit einer Spannweite von gut 21 Metern kann gut 350 Kilogramm Zuladung mit bis zu 200 Stundenkilometern maximal 1500 Kilometer weit transportieren. Einziges Abfallprodukt: Wasser.

Warum möchte man elektrisch Fliegen?

Auch wenn der Anteil des Luftverkehrs an den globalen CO2-Emissionen unter drei Prozent liegt, ist die Tendenz klar: Der weltweite Flugverkehr nimmt deutlich zu, und für die Luftfahrt ist es schwer, ihr Klimakiller-Image abzulegen. Die Forscher des DLR in Stuttgart sind überzeugt davon, dass sich die Fliegerei deutlich sauberer und leiser gestalten lässt, wie der Direktor des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik, André Thess, betonte.

Wann könnte so ein Flugzeug wie HY4 serienreif sein?

Denkbar sei in fünf bis sieben Jahren der Einsatz eines HY4-Nachfolgers als Lufttaxi zwischen Regionalflughäfen, sagte DLR-Projektleiter Josef Kallo. Die 200 Kilometer von Stuttgart nach Friedrichshafen am Bodensee seien in 40 Minuten zu schaffen. Mit dem Auto dauert es gerne mal über zwei Stunden. Die Vision der Forscher für die nächsten 25 Jahre ist die Entwicklung eines 40-sitzigen Fliegers mit einer Reichweite von rund 1000 Kilometern.

Welche anderen Projekte gibt es?

Siemens präsentierte im Juni ein Kunstflugzeug, das von einem 50 Kilo schweren Elektromotor mit 260 Kilowatt Dauerleistung angetrieben wird. Airbus und Siemens haben sich für die Entwicklung verbündet. Airbus ließ den E-Fan über den Ärmelkanal fliegen. Auch andere Hersteller arbeiten am elektrischen Fliegen. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa will im kommenden Jahr ein Flugzeug mit rein elektrischem Antrieb über 14 Propellermotoren auf die Piste bringen.

Wo liegen die größten Herausforderungen beim sauberen Fliegen?

Dass Flugzeuge rein elektrisch durch die Luft getragen werden, gilt als realistisch. Problem ist die Antriebsenergie, die für den Start benötigt wird. Der Schweizer Sonnenflieger „Solar Impulse 2“ etwa, mit dem zuletzt die Welt umrundet wurde, brauchte mehr als 200 Quadratmeter Fläche für Solarzellen auf den Flügeln, um nur eine Person zu befördern. Als eine Lösung gilt der Stuttgarter Weg mit Hybriden aus Gasturbinen oder Wasserstoffbrennzellen und Hochleistungsbatterien.

Bislang ist die Gewinnung und auch die Speicherung von Wasserstoff zudem sehr energieaufwendig. Seine Energiebilanz ist schlecht. Der Umwelt nutzt der Einsatz nur, wenn der Wasserstoff mit klimafreundlichen Energien hergestellt wird.

Roland Böhm, dpa